6. Tag, am Donnerstag, den 13.09.2001 El Porvenir – Vulkan Ruminahui, von 3.600 zu 4.712 M.ü.M., 4 Stunden bergauf + 2 Stunden bergab
Der Vulkan Ruminahui sieht sehr schön aus, hat eine sehr interessante Farbe (ein braun-schwarz-dunkelrot) und auch eine interessante Erfahrung im Sinne des technischen Aspekts: oben gibt es nur Stein, aber die steile Strecke (ab einem Punkt) erfolgt auf ……. sehr dunklen Sand, was natürlich die Bergbesteigung erschwärt. ABER – und das war ein Erlebnis! -: was in einer Stunde lang hochgestiegen wird, wird dann in 10-15 Minuten abgestiegen… volle Geschwindigkeit, genau wie man mit den Schien auf frischer Schnee bergabwärts geht…. Das Gefühl kennen Sie ja wahrscheinlich schon. Wir waren alle davon begeistert, obwohl von oben nach unten schauend, sieht alles so gefährlich steil aus. Also, die heutige Wanderung fängt um 8 Uhr morgen, wir bewundern den Vulkan Pichincha, mit seinem “Zuckerhüte”; die Leute, die für Hacienda El Porvenir arbeiten, sind schon lange auf dem Kartoffelnfeld und schauen zu uns mit grossem Interesse. Las Haciendas sind uralt und werden seit Generationen geerbt; die Eigentümer sind, in Prinzip, reiche Leuten, sie besitzen Tiere, Erde und sogar Bergen (!!!). Um 12 Uhr erreichten wir den Gipfel. Wir waren alle müde, es war sehr kalt geworden (ich musste sogar meine langen Hosen anziehen, egal ob ich sie nach Halbe Stunde doch zürück im Rucksach versteckt habe!), fing an zu schneien (mit Eis in Grösse einer Erbse, es sah so einmalig aus, dass ich sie sogar aufgenommen habe, mal sehen was es davon wird) und wir versteckten uns unter dem felsigen Vulkanwand. Und es regnete weiterhin wie verrückt, vor 14 Uhr erreichten wir (Laurent, Pascal und ich mit einem Bergführer von der Hacienda), klitschnass und absolut müde, El Porvenir. Die andere kamen nach und nach. Auf uns wartete heisser Milchschokolade und eine Kleinigkeit zu essen. Ich war so kaputt, dass ich nur mühsam und fast zwangsläufig gegessen habe. Es war sehr schön, heisses Wasser zu haben und in aller Ruhe duschen zu können. Obwohl ich die einzige Frau da war und die Dusche frei gelassen hatte, durften die Männer doch nicht reinduschen, sie mussten also an der Reihe bleiben. Der Abend verlief ruhig und witzig vor dem Kamin, wir ärgerten uns ab und zu dass so kalt war und keiner aus dem Personal kam, das Feuer zu verstärken, anscheinend hatten alle in der Hacienda die Hände voll zu tun. Ziemlich spät kamen wir auf der Idee, alle nassen Schuhe irgendwie vor dem Feuer zu stellen. Es folgten 3 Tagen ohne Dusche, ohne je Spur von Feuer oder Wärme, also wir mussten irgendwie alles dabei trocken haben. Und, bis am nächsten Morgen hat es doch prima geklappt.
7. Tag, am Freitag, den 14.09.2001 Marsch durch NATIONAL PARK COTOPAXI
Um acht Uhr marschierten wir los, nur mit dem üblichen Tagesrucksack (3 bis 5 Kilos vielleicht). Es war heute nicht mein besten Tag, habe sogar geweint. Ich hatte grobe Verletzungen an die Füssen (dank meinen neuen Trekkingschuhen, die, wie Sie wissen, 2 Nummer grösser waren!), dazu ging es mir schlecht (ab gestern schon). Der fast 5-stundigen langen Marsch war mir viel zu schnell, der Oberligament am rechten Bein tat ziemlich weg. Aber, stur wir ich manchmal bin, und weil ich in die Bergen nie als die Letzte bleiben mag, habe irgendwie geschafft, ganz vorne zu bleiben. Die vulkanische unendliche Landschaft ist sehr interessant und, vor allem, auch sehr angenehm durchzuwandern. Natürlich wäre es noch schöner gewesen, wenn es nicht so trüb, feucht und regnerisch gewesen wäre, aber immerhin war schon ein grosser Glück, dass es nicht heiss un trocken war. Das Boden ist mit “páramo” zugedeckt worden, ein einzigartigen hochländisches unfixierten Gras (es sieht aus mehr als Puzzle-Stücke, echt, leider habe ich keins mitgenommen), das viel Wasser auf sich nimmt (was für Boden, im nassen Jahreszeit, nur guttut). Wir haben von der Hacienda bis am Tor des Parkes eine harte Stunde marschiert – während ich, zugegen, die Vorletzte war, mindestens 500 M entfernt von den Ersten, die absolut keine Gnade kannte, irgendwie….). Nach einem kurzen Rast (wir warteten auch auf Xavier), sind wir wieder los durch den fast menschenleeren National Park. Einmal erschienen in der wilde wüstenartige Landschaft mehrere Pferden rennend. Ein Bild wie im Spielfilm, natürlich wurden alle Kameras blitzschnell aktiviert. Bis zum Zeltenplatz marschierten wir noch über drei Stunden, durch Regen. Leier war der grandiosen COTOPAXI Vulkan nicht zu sehen, er versteckte sich total in den dicken Wolken. Man erreicht den Zeltenplatz, wartet auf das Auto, das den Rest der Sachen mitbrachte: alle grossen Rucksäcken, Lebensmittel für alle für 3 Tage, Kochmittel, Kochgeschirr, Zelten und Klettereiausrüstung für alle (Miete 20 USD/Person). Ehrlich gesagt, ich fühlte mich absolut am Ende aller Kraft (es ging um die übliche Monatsperiode, sozusagen “Pech gehabt”! auch für die nächsten 2-3 Tage). Frustierend auf jedem Fall, dazu wurden meine Laune für eine Weile prächtig beeinflusst. Und noch mehr: von der Sonne hatte ich am Gesicht, in der Nähe der linken Auge, eine schlimme Infektion, die ich mit Antibiotikumspulver zu besorgen anfing (es war eigentlich Laurents Idee, sonst hätte ich sie vernachlässigt). Am Zeltenplatz sieht folgender Masse an: es gibt ein Zufluchtsort aus Stein, weisse Farbe, mit Holzboden und zwei grosse Fensterlöcher (praktisch so gross wie den entsprechenden Wand). Alle Gepäcke und Lebensmittel sind da gelassen, die Zelten werden etwa 150-200 Meter entfern aufgebaut. Fausto, unser Hauptbergführer, hat alles mehr oder weniger alleine gesteuert und hat für uns gekocht: Gemüsensuppe, Bratwurst mit Kartoffelnbrei, Nachtisch gab’s Pfirsischkompot aus der Dose. Und viel heisser Tee oder Kaffee/Kakao. Alle gingen schon ab 19 Uhr schlafen. Es war dunkeln geworden, warm war es gerade nicht (2º-3ºC?!), vor allem aber war sehr feucht. Ab und zu regnete es nicht mehr. Ich ging noch eine halbe Stunde spazieren, dann um halb acht verkriechte ich mich im Zelt und fing an zu schreiben. Ich blieb doch nicht lange zum berichten, ich brauchte doch die Stirnlampe für die nächtliche Eiskletterei. Die Nacht im Zelt war eigentlich sehr angenehm und, weil keine Spur Wind gab’s, wurde sogar warm. Nachtüber ging ich einmal raus, es war etwa drei Uhr. Es ist schwer die Ambiance zu beschreiben: Cotopaxi war keineswegs zu sehen, es war absolut ruhig und lautlos, es regnete nicht mehr, man konnte schön spazierengehen, die Fahrtwege, die den riesiegen Park wie ein Netz durchqueren, waren irgendwie zu spüren, der Himmel war voller Sternen. Man konnte nur hoeren wie François schnarchte. Der National Park Cotopaxi wurde 1975 gegründet und hat etwa 33.400 Hektare. COTOPAXI Vulkan, 5.897 M.ü.M, ist der höchsten aktiven Vulkan in der Welt und der zweiten als Höhe in Ecuador (der höchsten Gipfel in Ecuador ist CHIMBORAZO, der kommt aber etwas später in meinem Bericht dran). Eintrittsgebühr für Ausländer: 10 USD, für Einheimische: 0,60 USD (gewaltiges Unterschied, oder?).
7. Tag, am Samstag, den 15.09.2001 von 4.500 zu 4.800 M.ü.M, Refugio José Rivas
In einem Guide über Ecuador, von “lonely planet”, steht: “Climbing beyond the refuge requires stamina, experience and snow- and ice-climbing gear; it’s not a climb for the beginner, although it is a relatively straightforward climb for those who know what they are doing.” Diese Details wurden allerdings von der französichen Veranstalter Nouvelles Frontieres, nirgendwo erwähnt und Fausto hat uns erzählt, dass nicht alle, die es versuchen, den Gipfel erreichen. Die grössten Schwierigkeiten sind von der Höhe selbst gegeben worden und ich kann schon sagen, dass angefangen mit etwa 5.500 M.ü.M. wird der Atmungsprozess eine grosse, vitale Sache. Und man hat ja nur eine Wahl: weiterklettern. Dieser Tag hiess mehr oder weniger relaxen. Um halb zehn (Aufstehen um halb acht) hat uns unser Bus abgeholt, zusammen mit allen Sachen und wir sind drei Viertel Stunde duch dem Park gefahren, bis 4.500 M.ü.M. Dann verabschiedeten uns von unserem Bus, nahmen die schweren Rucksäcken, dazu gab uns Fausto einen Plastiksack mit Lebensmitteln (wir waren alle so sauer darüber, vor allem weil wir darüber vorher nichts wusten, und wir mussten die etwa 3-4 Kilos schweren Plastiksack in der Hand mitschleppen. Als ich als Letzte die Hütte erreicht habe, ich sah so müde und nervös aus, dass Laurent mir sagte, er hätte lieber alle Lebensmittel einfach weggeschmiessen, so blöd fand er das Ganze! Na ja, ich gab mit damit getröstet). Die 300 Meter Höhenunterschied bewiesen sich nicht so einfach, weil der Weg zu steil nach oben führte. Die Strecke dauerte genau 60 Minuten, und ich war erledigt, ganz ehrlich. Pascal fotografierte mich mit meinem atmungslosen Gesicht, ich war bestimmt Grund zu lachen. Früher hatte er mir angeboten, meinen Plasticksack zu schleppen, ich lehnte ihm aber ab (fragen Sie mich nur nicht warum, ich habe ja keine Ahnung!). Die Hütte sieht toll aus. Wir haben in Rumänien keine so tolle Bergenhütten, das fand ich erstaunlich und sogar unvorstellbar. Es war zwar sehr kalt drin, aber sehr sauber und ordentlich, wir hatten sogar die Möglichkeit gehabt, unsere Sachen und Papiere abzuschliessen (in Ecuador wurde heftig empfohlen, nie mit Originalpapieren auf der Strasse zu gehen, war wir auch immer wahrgenommen haben). Die Hütte war voll Touristen, ein Teil davon kamen, wie wir, für die Cotopaxi Besteigung: Engländer, Deutsche, die meisten waren doch französischsprechend. Es began bald sturmig zu sein und am Abend wurde einmal so klar geworden, dass der Vulkangipfel in einem ausserirdisches Licht erschien, riesig und gefährlich in seiner Grösse und Schweigen.
….. es folgt….