Ich wusste, es wird nicht einfach.
Ich ahnte, es
wird emotionel wieder so eine Sache, die mich überfordert. Mal ehrlich gesagt,
seit über einem Jahr habe ich nicht die richtige Zeitlänge erfasst um mich aus
dem Abgrund wieder zu erleben. Es ist immer noch als ich auf einen ungeraden
Pfad stolpere. Ich falle um, ich komme hoch, ich schlafe kurz ein, wache ich
auf, fühle mich gut, dann falle ich wieder um, komme wieder hoch … aber man
wird ja müde und langsamer, man macht inzwischen Fehler, übersieht wichtige
Kleinigkeiten, regt sich oft unnötig aus ….. das Gefühl eines Burn Outs steht
auf den Schultern und verfolgt mich wie einen Schatten die in meinen Ohren
flüstert.
Am
schmerzhaften scheint zu sein, hier alleine zurück kommen zu müssen. Vor fast
zwei Jahren verließ ich die Wohnung in Tränen, mit gemischten Gefühlen, mit
einem vollen Auto und eine Katze. Wir waren zusammen seit 14 Jahren. Wir sind
zusammen verreist. Wir haben zusammen gelitten und als ich krank war, war mein
Kater still und traurig. Er hat gelitten bei mir. Viel zu viel alleine. Ich
wusste das immer, aber ich fand nie eine machbare Lösung für ihn. Daher will
ich nun nie eine Katze zu mir nehmen. Die Katzen müssen Freigänger sein, nicht
gesperrt in einer Wohnung, so oft und so lange alleine.
Als ich im
Flugzeug vor einigen Tagen war und in Bukarest landete kam mir plötzlich vor
den Augen das Bild meiner Katze, das Bild meiner leeren Wohnung. Ich brach in
Tränen aus.
Ich bin seit
einer Woche in die Wohnung und viel zu oft habe ich das Gefühl, mein Kater wäre
hier. Es ist unglaublich, wie nah er hier bei mir ist, obwohl er vor 5 Wochen
in einer Entfernung von etwa 1.300 Km ruhig sterben musste ..... eine
Geschichte worüber ich nicht Mal die Kraft habe zu sprechen, da ich immer das
Gefühl und die Überzeugung habe, er hätte nicht sterben müssen. Er starb weil
mein Leben ein totales Chaos ohne Licht war, er starb weil ich ihm nichts
besseres anzubieten hatte, er starb weil ich mit mir selbst nicht mehr klar kam
und so landete er in einer fremde Umgebung, die meiste Zeit ohne mich, alleine
und einsam im Zimmer gelassen, mit fremden Geräuschen, fremden Gerüchen .....
Nach 11
Jahren bin ich erst nun in die Lage, durch den Kontext gezwungen, einige Sachen
meiner Mutter zu öffnen. So fand ich ihr Handschrift und viele Erinnerungen.
Wenn ich
zurück in die Wohnung komme, nach einigen Stunden durch die gefrorene und
chaotische Stadt, gibt es keinen Kater mehr. Überraschenderweise ist das Gefühl
der Leere so tief, dass ich jedes Mal in Tränen breche. Für 14
Jahren hörte ich ihn jedes Mal wenn ich an die Wohnungstür war und dann, als ich die Wohnung
betrat, er war da, kam laufend und laut zu mir und wartete eine lange
Streicheleinheit und eine Geschichte. Wir sprachen viel miteinander und wir
kannten jede Tonalität unseren Stimmen und jedes Sinn des Blickes. Er erkannte
die Stimmung und benahm sich dementsprechend. Er konnte betteln, er konnte
traurig sein, er konnte fröhlich sein. Er fehlt mir unsagbar viel ..... nachts
kämpften wir um einem Platz im Bett und manchmal lies ich ihn gewinnen und das
fand ich lustig. Morgens wartete er so lange, bis ich aufstand. Er litt immer
wenn ich fort ging und das wusste ich. Und ich ging immer wieder fort.
Ich fand
heute Abend einigen Musik CDs mit deutschen Musik. Ein Familienfreund aus
Belgien, den meine Mutter vergöttet hat, schickte ihr immer Geburtstagskarten
und kleine Geschenke und sie war immer überglücklich. So fand ich heute Abend
einige ihrer Notizen. Mit ihrer perfekten kaligrafischen Handschrift schrieb
sie auf dem Umschlag: „Heute, am 10.04.2000 von S. erhalten. Er hat mich so
glücklich gemacht! Maria“
A lot of pain
in this house ....
Eine Menge
Schmerz in diesem Haus .... und ich dazu total verwirrt und gesperrt in den
eigenen Erinnerungen und Schmerzen.
Ich wusste,
es wird nicht einfach sein.
Ich hatte
keine Angst, aber ich wusste genau, ich werde wieder verwirrt sein und verloren
und am Boden zerstört.
Wir haben
Null Ahnung wie tief unsere Emotionen landen können. Null Ahnung!
Ich habe
keine Ahnung, ob ich mich von all diesen Sachen total trennen sollte oder ob
ich ein Stück davon doch mitnehmen sollte. Ich schwebe in absolute
Unsicherheit, ich habe keine Ahnung, nur einen Wunsch, mich in meinem eigenen
Zuhause erleben zu dürfen und mich wieder über meine Sachen zu freuen. Die
meisten sind Sachen aus meiner Kindheit und aus meinen Deutschland-Jahren.
Jetzt kommt
der Moment in meinem Leben, wo ich ein Stück meiner Deutschland-Jahren
zurücklassen muss. 90% meines Geschirrs und Küchengeräten hatte ich in
Deutschland erworben. Ich weiß die Geschichte jedes Topfes, jedes Deckels und
jedes Bestecks. Die alten Töpfe sind alt und innen nicht mehr so schön .....
die Trennung ist seltsam. Ich hasse Trennungsgefühl. Ich hasse das, es
überfordert mich total. Es gibt Dinge die ich einfach nicht los lassen kann und
das, genau das hasse ich.
Ich war heute
in der Küche, es war ruhig und plötzlich musste ich den Kopf nach rechts
umdrehen, zur Tür. Das Gefühl, dass der Kater hinein kommt war so lebendig
..... ich kriegen Gänsehaut wenn ich nur daran denke.
Anscheinend
sind diese, die Jahren in meinem Leben wo ich schmerzhaft erleben muss, wie sehr ich
doch von manchen Sachen hänge. Ich habe geschafft, so vielen Jahren, von
Menschen nicht abhängig zu werden. Es war nicht leicht, es war verdammt kompliziert. Das hat mich wahrscheinlich innerlich erschöpft, so
dass ich nun lächerlicherweise von Sachen, die bedeutungslos sein
sollten oder könnten....hänge. Das dürfte nicht passieren, ich schwor mir vor 11 Jahren, das wird mir nicht geschehen ..... nicht mir, bitte!!
Ich fand im Haus die ganze Korrespondenz aus den Diktatur-Jahren ..... meine Jugend steckt da, ein Bild des damaligen Lebens. Dann die ganze Korrespondenz die ich mit Leuten aus aller Welt aus Deutschland geführt habe ..... ich träume seit so lange Zeit aus diese Unterlagen ein Buch zu schöpfen ...... ein einzigartiges Buch ............
Ich bin hier und finde immer noch nicht dieses Gefühl von mir selbst..... ich suche mich immer noch .....
21.Jänner 2016, Bukarest, um 23:36
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen